Aktiver ver.di-Kollege erfolgreich vor Gericht
Amazon muss Abmahnung entfernen. Konzern kann Vorwürfe gegen Gewerkschafter nicht belegen1. Februar 2022. Streikende und aktive ver.di Kollegen müssen besonders aufpassen: Amazon Manager sind dafür bekannt, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genau zu beobachten und jedes Verhalten, dass sie auch nur ansatzweise für eine Abmahnung ausreichend halten, zu melden, damit dies geahndet wird.
Das passierte Anis Zitoun, der als Streikender und ver.di Vertrauensmann im Fokus steht und sich als Schwerbehindertenvertreter und Betriebsrat für Kolleginnen und Kollegen einsetzt. Anis ist seit 19 Jahren als Versandmitarbeiter bei Amazon Bad Hersfeld beschäftigt. In einem Pausengespräch erzählte Anis umstehenden Kollegen von seiner Impfung in einer Arztpraxis. Er hatte mit dem Arzt über seine tunesische Herkunft gesprochen und der Arzt sagte daraufhin, er komme aus Palästina. Da der Arzt keinen arabischen Vornamen hatte, erklärte dieser auf Nachfrage von Anis, er sei Jude. Eine Amazon-Managerin, die in der Nähe stand und telefonierte, will im weiteren Verlauf der Unterhaltung zwischen Anis und seinen Kollegen antisemitische Äußerungen gehört haben und meldete dies der Personalabteilung. Amazon hat auf diesen Vorwurf hin Anis Zitoun eine Abmahnung erteilt, mit dem Hinweis, dieser habe gegen den von Amazon vorgegeben Ehrenkodex (Code of Business Conduct and Ethics), verstoßen. Antisemitismus ist ein schwerwiegender Vorwurf und eine Abmahnung ist ein ernstzunehmender Hinweis auf eine Kündigungsabsicht des Arbeitgebers.
Mechthild Middeke, ver.diAmazon hat offenkundig versucht einen engagierten Kollegen zu diskreditieren. Es ist ein Skandal, dass der Konzern dafür zu solch ungeheuerlichen Vorwürfen greift.
Anis wies die Vorwürfe entschieden zurück und wehrte sich gerichtlich gegen die Abmahnung: „An diesem Vorwurf stimmt überhaupt nichts, und ich verwahre mich gegen diese ungeheuerliche Unterstellung!“.
Am 14. Januar wurde der Fall vor dem Arbeitsgericht Fulda verhandelt. Welche Version des Gesprächsverlaufs der Wahrheit entspricht, vermochte das Gericht nicht abschließend klären, obwohl mehrere Zeugenaussagen vorlagen, wonach Anis keinerlei antisemitische Äußerungen getätigt hat. Im Urteil stellte das Gericht jedoch fest, es sei nicht ersichtlich „dass das interne Pausengespräch vom 30. Juni 2021 zwischen einigen Betriebsangehörigen tatsächlich das Potential für eine konkrete Störung des Betriebsfriedens gehabt hat.“ Es besteht daher der Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.
„Anis Zitoun ist ein langjährig aktiver ver.di Vertrauensmann, für den Solidarität ein grundlegendes Prinzip ist“, bestätigt Gewerkschaftssekretärin Mechthild Middeke. „Eine antisemitische Haltung passt nicht zu ihm und ist auch nicht aufgefallen. Amazon hat offenkundig versucht einen engagierten Kollegen zu diskreditieren. Es ist ein Skandal, dass der Konzern dafür zu solch ungeheuerlichen Vorwürfen greift. Gut, dass Anis die Stärke hatte, dagegen vorzugehen.“
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